Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

8C 427/2022

Urteil vom 28. Februar 2023

IV. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Melina Tzikas,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Arbeitsunfähigkeit, Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. Mai 2022 (VBE.2021.436).

Sachverhalt:

A.
Der 1973 geborene A.________ arbeitete ab 30. Juni 2018 im Rahmen eines Einsatzvertrags als Heizungsmonteur für die B.________ & Co. AG und war in dieser Funktion bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Gemäss Schadenmeldung UVG vom 7. August 2018 stürzte er an diesem Tag auf der Baustelle in einen Schacht (Höhe 4.81 Meter) und erlitt dabei ein schweres Polytrauma, das mehrere Frakturen nach sich zog. A.________ war vom 7. bis 27. August 2018 im Spital C.________ hospitalisiert und unterzog sich vom 27. August bis 21. November 2018 einer Therapie in der Klinik D.________. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Nach medizinischen Abklärungen, namentlich nach drei kreisärztlichen Untersuchungen vom 5. Juni 2019, 17. August 2020 und 8. Februar 2021, und einer beruflichen Grundabklärung in der Klinik D.________ vom 26. Mai bis 24. Juni 2020 (Bericht vom 26. Juni 2020) teilte sie A.________ am 5. März 2021 die Einstellung der Taggeld- und grundsätzlich auch der Heilbehandlungsleistungen per 31. März 2021 mit. Sie verneinte sodann mit Verfügung vom 15. März 2021 den Anspruch auf eine Invalidenrente und sprach
A.________ eine Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von 40 % zu. An ihrem Standpunkt hielt die Suva mit Einspracheentscheid vom 25. August 2021 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 18. Mai 2022 ab, soweit es darauf eintrat.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das vorinstanzliche Urteil vom 18. Mai 2022 sowie der Einspracheentscheid vom 25. August 2021 seien aufzuheben. Es seien ihm eine Invalidenrente sowie eine Integritätsentschädigung von mehr als Fr. 59'280.- zuzusprechen, wobei jeweils auch die psychischen Unfallfolgen zu berücksichtigen seien. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz, subeventualiter an die Suva zur Einholung eines versicherungsexternen orthopädischen, chirurgischen, neurologischen und psychiatrischen Gutachtens zurückzuweisen. Zudem lässt A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung ersuchen.
Während die Suva auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten das kantonale Gericht und das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
A.________ lässt im Laufe des Verfahrens den Austrittsbericht der Psychiatrischen Dienste E.________ vom 27. Mai 2022 sowie zwei Berichte des Spitals F.________ vom 17. August 2022 und 10. Oktober 2022 einreichen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; unechte Noven). Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder Urkunden, die erst nach diesem entstanden sind, können als echte Noven vom Bundesgericht nicht berücksichtigt werden (zum Ganzen: BGE 143 V 19 E. 1.2 mit Hinweisen).
Die durch den Beschwerdeführer letztinstanzlich aufgelegten Berichte der Psychiatrischen Dienste E.________ vom 27. Mai 2022 und des Spitals F.________ vom 17. August sowie 10. Oktober 2022 datieren nach dem angefochtenen Urteil vom 18. Mai 2022 und haben somit unbeachtlich zu bleiben.

3.

3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 25. August 2021 einen Rentenanspruch sowie den Anspruch auf eine höhere als die zugesprochene, auf einer Integritätseinbusse von 40 % basierende Integritätsentschädigung verneinte.

3.2. Das kantonale Gericht legte die massgeblichen rechtlichen Grundlagen betreffend den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 4 ATSG) erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und eingetretenem Schaden im Allgemeinen (BGE 142 V 435 E. 1; 134 V 109 E. 2.1; 129 V 177 E. 3.1 f.) sowie betreffend Adäquanzprüfung bei einer psychischen Fehlentwicklung nach Unfall im Besonderen (BGE 115 V 133) zutreffend dar. Darauf wird verwiesen.

3.3. Zu betonen ist, dass Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärztinnen und Ärzte nach der Rechtsprechung Beweiswert zukommt, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen (BGE 125 V 351 E. 3b/ee mit Hinweis). Trotz dieser grundsätzlichen Beweiseignung kommt den Berichten versicherungsinterner medizinischer Fachpersonen praxisgemäss nicht dieselbe Beweiskraft zu wie einem gerichtlichen oder im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger veranlassten Gutachten unabhängiger Sachverständiger. Soll ein Versicherungsfall ohne Einholung eines externen Gutachtens erledigt werden, sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 145 V 97 E. 8.5; 142 V 58 E. 5.1; 139 V 225 E. 5.2).
Die abschliessende Beurteilung der sich aus einem Gesundheitsschaden ergebenden funktionellen Leistungsfähigkeit obliegt, wie dies das kantonale Gericht korrekt darlegte, in der Hauptsache grundsätzlich den Ärztinnen und Ärzten, nicht den Fachleuten der Berufsberatung oder der beruflichen Eingliederung. Mit Blick auf die rechtsprechungsgemäss enge, sich gegenseitig ergänzende Zusammenarbeit zwischen der Ärzteschaft und der Berufsberatung ist jedoch einer konkret leistungsorientierten beruflichen Abklärung nicht jegliche Aussagekraft für die Beurteilung der Restarbeitsfähigkeit abzusprechen. Steht eine medizinische Einschätzung der Leistungsfähigkeit in offensichtlicher und erheblicher Diskrepanz zu einer Leistung, wie sie während einer ausführlichen beruflichen Abklärung bei einwandfreiem Arbeitsverhalten/-einsatz der versicherten Person effektiv realisiert wurde und gemäss Einschätzung der Berufsfachleute objektiv realisierbar ist, vermag dies ernsthafte Zweifel an den ärztlichen Annahmen zu begründen und ist das Einholen einer klärenden medizinischen Stellungnahme grundsätzlich unabdingbar (Urteil 8C 661/2019 vom 23. Januar 2020 E. 4.2 mit Hinweis).

4.

4.1. Das kantonale Gericht erwog, die kreisärztlichen Beurteilungen des med. pract. G.________ vom 5. Juni 2019, 17. August 2020 und insbesondere vom 8. Februar 2021 würden - betreffend die somatischen Beschwerden - die rechtsprechungsgemässen Anforderungen an beweistaugliche ärztliche Entscheidungsgrundlagen erfüllen. Weder aus den Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus den medizinischen Akten ergäben sich auch nur geringe Zweifel an deren Schlüssigkeit und Vollständigkeit, weshalb bezüglich des somatischen Gesundheitszustands darauf abzustellen sei. Es sei mithin davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an einem chronischen Schmerzsyndrom mit leicht eingeschränkter Beweglichkeit der LWS und des rechten Ellenbogengelenks sowie schmerzbedingter erektiler Dysfunktion bei Status nach Polytrauma vom 7. August 2018 leide. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schweisser/Schlosser sei ihm nicht mehr zumutbar, wohingegen in einer leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Tätigkeit unter gewissen Voraussetzungen eine ganztägige Arbeitsfähigkeit gegeben sein sollte. Der per 31. März 2021 vorgenommene Fallabschluss, so die Vorinstanz im Weiteren, sei nicht zu beanstanden, da allfällige noch behandlungsbedürftige psychische Leiden
bei der vorliegend unstreitig anwendbaren Adäquanzprüfung anhand der Rechtsprechung für psychische Fehlentwicklungen nach einem Unfall keinen Grund für einen Aufschub des Fallabschlusses darstellen würden. Das kantonale Gericht verneinte sodann einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 7. August 2018 und den psychischen bzw. mit einem organisch objektivierbaren Korrelat nicht hinreichend zu erklärenden Beschwerden; es bestätigte dabei die von der Beschwerdegegnerin vorgenommene Qualifikation des Ereignisses als mittelschweren Unfall im engeren Sinn und hielt höchstens zwei der Adäquanzkriterien für erfüllt, jedoch keines in besonders ausgeprägter Weise. Die Vorinstanz legte schliesslich dar, dass die psychischen Beschwerden demzufolge weder bei der Prüfung des Rentenanspruchs, namentlich auch nicht bei einem allfälligen Abzug vom Tabellenlohn, noch bei der Festsetzung der Integritätsentschädigung zu berücksichtigen seien.

4.2. Der Beschwerdeführer rügt einerseits eine Verletzung der Beweiswürdigungsregeln und des Untersuchungsgrundsatzes sowie eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung, andererseits eine Bundesrechtsverletzung bezüglich Prüfung des adäquaten Kausalzusammenhangs.

5.

5.1. Den Beurteilungen des Kreisarztes med. pract. G.________, auf die sich das kantonale Gericht zur Feststellung des medizinischen Sachverhalts betreffend die somatischen Beschwerden stützte, kommt der Beweiswert versicherungsinterner ärztlicher Feststellungen zu. Daher genügen, wie in E. 3.3 hiervor dargelegt, bereits geringe Zweifel an deren Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit, um ergänzende Abklärungen vornehmen zu müssen. Der Beschwerdeführer beruft sich diesbezüglich auf die Berichte des Dr. med. H.________, Stv. Leitender Arzt Departement Chirurgie, Spital C.________, vom 17. September 2020 und des Prof. Dr. med. I.________, Leitender Arzt, Klinik für Orthopädie und Traumatologie, Spital F.________, vom 16. April 2021. Was die Kritik an der Zumutbarkeitsbeurteilung und attestierten Arbeitsfähigkeit anbelangt, verweist er zusätzlich auf den Bericht der Klinik D.________ vom 26. Juni 2020 über die vierwöchige berufliche Grundabklärung.

5.2.

5.2.1. Während im Bericht über die kreisärztliche Abschlussuntersuchung vom 8. Februar 2021 als Hauptdiagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom und eine leicht eingeschränkte Beweglichkeit der LWS erwähnt sind (Bericht vom 9. Februar 2021), diagnostizierten Dr. med. H.________ und Prof. Dr. med. I.________ hauptsächlich einen Status nach Polytrauma vom 7. August 2018 und verwiesen auf die persistierende Schmerzproblematik. Die beiden letztgenannten Ärzte äusserten unabhängig voneinander den Verdacht einer möglichen Nervenproblematik am rechten Becken und damit einer organischen Ursache für die geklagten starken Schmerzen in diesem Bereich. Dr. med. H.________ hielt im Bericht vom 17. September 2020 krampfartige Verspannungen an der rechten unteren Extremität entlang der Nervenwurzel S1 mit auch unterschiedlichem Kältegefühl auf der rechten Seite fest. Er sah sämtliche Restbeschwerden im Rahmen des erlittenen Polytraumas und somit als unfallkausal. Prof. Dr. med. I.________ sodann erwähnte in seinem Bericht vom 16. April 2021 ein Taubheits- und Dysästhesiegefühl im gesamten rechten Bein, weshalb er eine neurologische Abklärung empfahl, um eine allfällige Irritation des Plexus lumbosacralis durch die ehemalige schwerwiegende
Beckenringfraktur zu prüfen. Zudem schlug er auch eine zusätzliche Untersuchung in Form eines MRI des Beckens vor. Diese Abklärungen wurden nie vorgenommen.

5.2.2. Der Kreisarzt attestierte dem Beschwerdeführer sodann eine mit diversen Einschränkungen verbundene ganztägige Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten, leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Tätigkeit. Im Bericht der Klinik D.________ vom 26. Juni 2020, auf den sich der Beschwerdeführer diesbezüglich beruft, stellten die Eingliederungsfachleute fest, dass seine Ressourcen im handwerklich-technischen Bereich liegen, was er bei den Arbeiten in der Werkstatt gezeigt habe. Aufgrund seiner Ausbildung und den Tätigkeiten in der Vergangenheit kämen, vorausgesetzt die körperlichen Ressourcen liessen es zu, Arbeiten im Bereich von Anlagenwartung, einfachen, leichten Produktions-/Montagearbeiten oder Kontrollarbeiten in Frage. Als Favorit erachteten die Eingliederungsfachleute eine Tätigkeit als Busfahrer, dies aufgrund der Erfahrung des Beschwerdeführers und seiner Interessen. Sie hielten jedoch abschliessend fest, in der aktuellen Situation sei ein Einstieg in den Arbeitsmarkt aufgrund der beobachteten, stark reduzierten Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit unrealistisch. Dr. med. H.________ sodann bezeichnete im Bericht vom 17. September 2020 eine Tätigkeit als Busfahrer angesichts der erlittenen Verletzung der
rechten oberen Extremität als nicht realistisch. Eine lang sitzende Tätigkeit stelle zudem auch aufgrund der Wirbelsäulenproblematik keine sinnvolle Tätigkeit dar. Das optimale Arbeitsprofil wäre in den Augen von Dr. med. H.________ ein nicht belastender Beruf mit möglicher freier Positionswahl zwischen Sitzen und Stehen, wobei er anzweifelte, ob dies in einer 100%igen Arbeitstätigkeit mit deutlicher Schmerzprogredienz im Tagesverlauf überhaupt möglich sei.

5.3. Die Berichte des Kreisarztes med. pract. G.________ einerseits und des Dr. med. H.________, des Prof. Dr. med. I.________ sowie der Klinik D.________ andererseits unterscheiden sich namentlich in der Frage des Vorliegens einer organisch begründeten Ursache der allseits festgestellten starken Schmerzproblematik. Zudem divergieren sie bezüglich der attestierten Arbeitsfähigkeit, die der Kreisarzt unter gewissen Voraussetzungen als vollumfänglich gegeben erachtet, wohingegen Dr. med. H.________ die Möglichkeit einer 100%igen Arbeitstätigkeit unter Angabe von konkreten Gründen anzweifelt und die Eingliederungsfachleute der Klinik D.________ nach einer vierwöchigen beruflichen Grundabklärung den Einstieg in den Arbeitsmarkt als unrealistisch bezeichnen.
Wenn das kantonale Gericht bei diesen gegensätzlichen medizinischen Beurteilungen der Unfallfolgen in somatischer Hinsicht und in Anbetracht der fundierten Einschätzung der Berufsfachleute bezüglich Arbeitsfähigkeit (vgl. E. 3.3 hiervor) geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit sowie Schlüssigkeit der versicherungsinternen medizinischen Beurteilungen ausschloss und auf weitere Erhebungen verzichtete, verletzt dies Bundesrecht. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist für die Bejahung geringer Zweifel an einer versicherungsinternen Beurteilung, die weitere Abklärungen nötig machen, nämlich nicht erforderlich, dass mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ein anderer Sachverhalt nachgewiesen ist.

6.
Der Beschwerdeführer beanstandet im Weiteren die Verneinung des adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis vom 7. August 2018 und den psychischen bzw. mit einem organisch objektivierbaren Korrelat nicht hinreichend zu erklärenden Beschwerden. Nicht bestritten ist die Anwendbarkeit der Adäquanzprüfung anhand der Rechtsprechung für psychische Fehlentwicklungen nach einem Unfall (BGE 115 V 133). Zum Vorliegen des natürlichen Kausalzusammenhangs äusserten sich bisher weder die Beschwerdegegnerin noch das kantonale Gericht.

6.1. Praxisgemäss kann die Frage, ob ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen den medizinisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden und dem Unfall besteht, bei Verneinung der adäquaten Kausalität offen gelassen werden (BGE 135 V 465 E. 5.1 mit Hinweisen). Nicht zulässig ist nach der Rechtsprechung demgegenüber, den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen allfälligen psychischen Beschwerden und einem Unfallereignis zu bejahen, bevor die sich in tatsächlicher Hinsicht stellenden Fragen bezüglich der Natur der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und des natürlichen Kausalzusammenhangs mittels einer psychiatrischen Begutachtung geklärt sind (BGE 147 V 207 E. 6.1; Urteile 409/2021 vom 15. September 2021 E. 6.2 und 8C 685/2015 vom 13. September 2016 E. 4.2; in: SVR 2017 UV Nr. 4 S. 11).

6.2. Bezüglich Verneinung der Adäquanz durch die Beschwerdegegnerin und die Vorinstanz kritisiert der Beschwerdeführer zunächst die Qualifikation des Unfallereignisses vom 7. August 2018.

6.2.1. Die Schwere eines Unfalls ist aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den sich dabei entwickelnden Kräften zu beurteilen. Irrelevant sind die Unfallfolgen oder Begleitumstände, die nicht direkt dem Unfallgeschehen zugeordnet werden können; solchen Faktoren ist gegebenenfalls bei den Adäquanzkriterien Rechnung zu tragen (BGE 148 V 301 E. 4.3.1 mit Hinweisen).

6.2.2. Die Beschwerdegegnerin und das kantonale Gericht qualifizierten das Unfallereignis - ein Sturz in einen Schacht von einer Höhe von 4.81 Metern auf harten Untergrund - als mittelschweren Unfall im engeren Sinn. Die Unfalladäquanz der psychischen Beschwerden könnte somit nur bejaht werden, wenn mindestens drei der sieben Adäquanzkriterien erfüllt sind oder eines besonders ausgeprägt vorliegt (BGE 115 V 133 E. 6c/aa; SVR 2022 UV Nr. 43 S. 172, 8C 528/2021 E. 7.3). Während die Beschwerdegegnerin keines der Adäquanzkriterien für gegeben hielt, bejahte das kantonale Gericht höchstens die Kriterien der besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls sowie der Schwere oder besonderen Art der erlittenen Verletzungen, jedoch in nicht besonders ausgeprägter Weise.

6.2.3. Wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt, hält die vorinstanzliche Qualifikation des Unfallereignisses vor der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht stand. Praxisgemäss werden Stürze aus einer Höhe zwischen etwa zwei und vier Metern in die Tiefe noch als mittelschwere Unfälle im engeren Sinn qualifiziert. Die Sturzhöhe bemisst sich dabei nach dem Abstand der Füsse der versicherten Person bzw. der sie tragenden Fläche vom Grund, auf den sie stürzt (SVR 2019 UV Nr. 41 S. 155, 8C 632/2018 E. 8.3; Urteil 8C 596/2022 vom 11. Januar 2023 E. 4.4.1). Nicht zu den mittelschweren Unfällen im engeren Sinn zählte das Bundesgericht gemäss Urteil 8C 202/2014 vom 9. Juli 2014 E. 4.1 jedoch etwa den Sturz von einem Baugerüst über 5,4 bis acht Meter (Urteil U 392/05 vom 16. Dezember 2005 E. 2.1) sowie den Sturz aus einer Höhe von fünf Metern auf einen Asphaltboden (RKUV 1998 Nr. U 307 S. 448, U 169/97 E. 3b). Gar als schweren Unfall qualifizierte es sodann den Sturz von einer Leiter aus einer Höhe von vier bis fünf Metern auf den Gehsteig (vgl. Urteil U 191/04 vom 12. August 2005 E. 5.1). Im Licht dieser Kasuistik ist das vorliegend zu beurteilende Unfallereignis, wie dies der Beschwerdeführer geltend macht, nicht bei den mittelschweren
Unfällen im engeren Sinn, sondern bei den mittelschweren Unfällen im Grenzbereich zu den schweren Ereignissen einzureihen.

6.3. Ist das Unfallereignis vom 7. August 2018 nach Gesagtem als mittelschwerer Unfall im Grenzbereich zu den schweren Ereignissen zu qualifizieren, würde - bei gegebenem natürlichen Kausalzusammenhang - für die Bejahung der Adäquanz bereits das Vorliegen eines einzigen Kriteriums genügen, ohne dass dieses in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sein müsste (BGE 148 V 301 E. 4.4.1 mit Hinweis auf BGE 115 V 133 E. 6c/bb).

7.
Zusammenfassend verletzte die Vorinstanz nach Gesagtem Bundesrecht, indem sie hinsichtlich der Beschwerden in somatischer Hinsicht gestützt auf die vorliegende medizinische Aktenlage eine abschliessende Beweiswürdigung vornahm und auf weitere Erhebungen verzichtete. Auch bezüglich der geltend gemachten psychischen Unfallfolgen sind zusätzliche medizinische Abklärungen erforderlich, damit vor einer allfälligen Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhangs mit dem Unfallereignis - unter Zugrundelegung eines mittelschweren Unfalls im Grenzbereich zu den schweren - der natürliche Kausalzusammenhang geprüft werden kann. Mit Blick auf den weiteren Abklärungsbedarf fällt die im Hauptpunkt beantragte Zusprache einer Invalidenrente und einer höheren Integritätsentschädigung ausser Betracht. Die Sache ist an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie eine externe Begutachtung anordne und anschliessend neu verfüge.

8.
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu erneuter Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1 mit Hinweis). Dementsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wird damit gegenstandslos. Zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens ist die Sache an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückzuweisen (Art. 68 Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. Mai 2022 und der Einspracheentscheid der Suva vom 25. August 2021 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die Suva zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Februar 2023

Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Wirthlin

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 8C_427/2022
Datum : 28. Februar 2023
Publiziert : 21. März 2023
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Unfallversicherung
Gegenstand : Unfallversicherung (Arbeitsunfähigkeit, Kausalzusammenhang)


Gesetzesregister
ATSG: 4  44
BGG: 42  66  68  95  96  97  99  105  106
UVG: 6
BGE Register
115-V-133 • 125-V-351 • 129-V-177 • 134-V-109 • 135-V-465 • 139-V-225 • 141-V-281 • 142-V-435 • 142-V-58 • 143-V-19 • 145-V-57 • 145-V-97 • 147-V-207 • 148-V-301
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